Triptychon-Aquarellzyklus
"Die sieben Lichtraumkammern"
„Sie empfangen, halten, vermehren und senden
das Licht.“
„Der Große Hekhalot“, frühe Niederschrift
Jerusalem, ca. 600 v. Chr.
Der Triptychon-Aquarellzyklus „Die sieben Lichtraumkammern“ umfasst sieben aquarellierte Triptychen, je ca. 260 x 150 cm in der rechteckig-flächigen Gesamtausdehnung, wobei die kleineren „Flügel“ je ca. 75 x 110 cm und die größeren Mittelstücke der Triptychen jeweils ca. 105 x 150 cm groß sind (die Formate variieren je nach Komposition etwas). Der Zyklus ist in reinen Zinnoberrot-Abstufungen gehalten. Er steht in der Tradition seiner Zinnoberrot-Aquarelle, für die Reinhardt Heinen 2001 den Carl-Lauterbach-Kunstpreis der Stadt Düsseldorf und 2004 den Eschweiler-Förderpreis, Köln, erhalten hat. Die „Lichtraumkammern“ folgen formal wie inhaltlich dem Gedankengut des „Großen Hekhalot“, einer sehr frühen Tradition mystischer Versenkungs- und Erfahrungsebenen des Judentums. Reinhardt Heinen ist schon in seiner Kindheit mit mystischen Elementen des Judentums in Berührung gekommen und beschäftigt sich konsequent in Theorie und Praxis mit den klassischen Schulen der Mystik und Meditationslehren. Ziel sind dabei immer Erfahrungen höherer Gottesnähe durch meditative Praxis. Heinen, der die Meditationsübungen kennt und anwendet, überträgt in seinen Zinnoberrot-Aquarellen seine meditativen Erfahrungen in die sichtbare, jedem zugängliche Welt, um die Visionen, die oft von bezaubernder kristalliner Schönheit sind, visualisieren zu können. Aus diesem inneren Anliegen heraus entstand zwischen Januar und August 2004 der Triptychon-Aquarellzyklus „Die sieben Lichtraumkammern“, in dem die meditative Erfahrung ihre unmittelbarste Übertragung erfährt.
Formal werden die „ Lichtraumkammern“, die „das Göttliche Licht empfangen, halten, vermehren und senden“ sollen, gestaltet durch Anwendung von Verschachtelungen aller möglichen perspektivischen Systeme von der einfachen Parallelperspektive über die Zentralperspektive und einer 3- oder 4-Fluchtpunkte- oder gar „n“-Fluchtpunkte-Perspektive bis hin zu der von der modernen Mathematik entwickelten Möglichkeit, 4-dimensionale Körper- und Raumbeziehungen in eine „Dreidimensionalität“ zu „projizieren“. Heinens Jahrzehnte dauernde Auseinandersetzung mit den Problematiken der n-dimensionalen Perspektive findet hier ihre meisterschaftliche bisherige Endfassung. Ziel dieser „perspektivischen Verschachtelungen“ ist es, ein Raumgefühl zu erzeugen, das über das gewohnte 3-dimensionale Empfinden hinaus geht, das in transzendente Räume weist; hier konkret in das spirituelle „Universum Jezira“, das in der Jahrtausende alten mystischen Tradition des Judentums das der unseren Welt erste übergeordnete göttliche Universum darstellt. Dennoch sieht Reinhardt Heinen sich auch hier in einer christlichen Tradition: etwa der (ikonologischen) Symbolik mittelalterlicher Goldgründe oder sogar in formal-kompositioneller Berührung mit den Bildräumen eines Fra Angelico.
In der Hekhalot-Tradition ist von sieben (Licht-) Kammern die Rede, die der Meditierende von Kammer zu Kammer durchschreitet. Zur Linken und zur Rechten jedes Kammertores sind Wächterengel postiert, denen wiederum jeweils drei Engel folgen. Jeder Wächterengel kann durch ein bestimmtes Siegel „beschwichtigt“ werden, so dass er dem Meditierenden Eintritt in die Kammer gewährt. Innerhalb einer jeden Kammer erfährt der Meditierende mystische Vereinigungen, und häufig, wie bei Reinhardt Heinen, Visionen von göttlichem Licht, die Heinen darstellt. Es ergibt sich daher eine „triptychonale“ Situation für jede Kammer mit zentralem, „doppelt versiegeltem“ Tor und Engelsgruppen auf jeder Seite. Durch bestimmte Rezitationsverfahren sowohl der Engelsnamen als auch der Siegel wird die Meditation praktisch vollzogen. Reinhardt Heinen hat sehr viel Zeit damit verbracht, alle Namen zu rekonstruieren. Wesentliche Quellen waren dabei die Schriften des Rabbi Aryeh Kaplan. Da Meditationen über Engelsnamen immer Glück spendend sind, sollen sie an dieser Stelle nicht geheim bleiben.
Hier die Namen und Siegel der ersten Kammer:
DEHAVIEL TUTROSAYAY , TAFHIEL KASHRIEL SURAYAH DAHARIEL GAHURIEL MATHKIEL BUTHIEL SHAVIEL
Hier die Namen und Siegel der zweiten Kammer:
TAGRIEL ADRYHORON MATHPIEL DAHARIEL OHAZYYA SATRIEL MATHAKIEL RAGAIEL SHAVIEL SAHIVIEL
Hier die Namen und Siegel der dritten Kammer:
SHABURIEL TZURUTUK RATZUTZIEL SHALMIEL DAHAVYORON HADARIEL SABALIEL BAZARIEL ZACHZACHIEL PALATRIEL
Hier die Namen und Siegel der vierten Kammer:
PACHADIEL ZUVUDIEL GEBURATHIEL CAZAVIEL MARGIVIEL ARAVIEL SHEKHINYAEL CAPIEL SHATHAKIEL ANPIEL
Hier die Namen und Siegel der fünften Kammer:
TECHIEL TUTRUBYAL UZIEL GATIEL ZACHAPNIRYAI GARAFIEL GATACHIEL GARIEL SAFRIEL DARIEL
Hier die Namen und Siegel der sechsten Kammer:
DUMIEL GAHIDRIHAM BRONIAHA KATZAPIEL GAHAGIEL ZAHARARYAL PARATZIEL ARSBARSABIEL MACHAKIEL AGROMIEL TOFRIEL
Die siebte Kammer ist etwas komplexer strukturiert. Es erfolgen
„Zwischenschritte“, die an dieser Stelle verborgen Hier die Namen und Siegel der siebten Kammer:
ANPIEL YAVAYA AERO SOBORO ANPIEL - MATZUGYYAH - YAVAHA ZEHPANURYAY BESHEPETESCH NAGARIEL ABIRZEHYAY NAZURIEL ATARIGIASH SASTIEL
Auf weitere Meditationsschritte sei an dieser Stelle verzichtet. Nun möchte ich Sie freundlich einladen, den Triptychon-Aquarellzyklus „Die sieben Lichtraumkammern“ von Reinhardt Heinen zu betrachten und zu genießen.
Kerstin Heinen Gattin des Künstlers |